Die Geschichte Neubruchhausens

Historisches Foto einer Schmiede
Schmiede Poggenburg 1920

Neubruchhausen ist mehr als 750 Jahre alt. Die wechselvolle Geschichte des Ortes in wenigen Sätzen zusammenzufassen, ist kaum möglich. Holger Rullhusen vom Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis hat es versucht. Hier für den besseren Überblick eine Kurzfassung – am Ende dieser Seite gibt es aber auch noch den Link zu einer längeren Fassung sowie wichtige Literaturhinweise. Denn zur Geschichte des Ortes gibt es sogar ein detailliertes Buch des Heimatforschers Klaus Bergann – und die Veröffentlichung eines weiteren Bandes steht kurz bevor!

Eine Hochzeit, eine Wasserburg, ein neuer Ort

Die Ursprünge von Neubruchhausen gehen auf den Grafen Heinrich V. aus dem Adelsgeschlecht Oldenburg-Bruchhausen zurück. Dieser regierte zunächst zusammen mit seinem Bruder Ludolf die Grafschaft Bruchhausen vom Stammsitz in Altbruchhausen (heute Teil von Bruchhausen-Vilsen) aus gemeinsam. Als er 1249 Ermengard von Hoya heiratete, suchte beide ein neues Domizil – so wie es damals üblich war für frisch verheiratete Adelige. Dieses Domizil war eine kleine Wasserburg in Neubruchhausen. Sie stand in der Hache-Niederung an dem Platz, an dem heute die Dreifaltigkeitskirche steht.

1259 – nach der offiziellen (urkundlichen) Trennung der Grafschaft Bruchhausen in Alt- und Neubruchhausen – wurde Heinrich V in den Dokumenten erstmalig als „Comes de Nienbruchusen“ genannt.

Siedlung rund um die Wasserburg

Nach der Errichtung der Wasserburg, vermutlich 1249 bis 1250, siedelten sich Menschen um die Burg herum an und der Ort Neubruchhausen entstand. Die Grafen von Oldenburg-Neubruchhausen regierten knapp 140 Jahre lang in vier Generationen lang die kleine Herrschaft an der Hache. Das Gebiet erstreckte sich zwischenzeitlich bis an das Stadtgebiet von Bremen und umfasste Orte wie Weyhe oder Syke.

Alte Karte
Eine Tuschzeichnung der Graftschaft Hoya von 1583. Viele Orte, die heute wesentlich größer als Neubruchhausen sind, sind dort nicht zu finden. Neubruchhausen hatte im MIttelalter eine wesentlich größere Bedeutung als heute.Achtung: Auf dieser Zeichnung ist Norden unten!

Im Jahr 1384 verkaufte der kinderlose Nachkomme, Graf Gerhard II, die Grafschaft an seinen Verwandten, den Grafen Otto III von Hoya. Neubruchhausen war nun ein Amt in der Grafschaft Hoya. Alle wichtigen Entscheidungen wurden in Hoya getroffen. Otto III erteilte Neubruchhausen Fleckensrechte. Ein Flecken war eine Siedlungsform, die keine Stadtrechte besaß, die aber durch die Übertragung und die Übernahme von gewissen rechtlich verbindlichen Organisationsformen eine Sonderstellung gegenüber den üblichen dörflichen Siedlungen einnahm: Teilweise Selbständigkeit in der Verwaltung, in steuerlichen Angelegenheiten und in Gerichtssachen, Marktrecht und Dienstpflichten für die Einwohner.

Zwei Jahrhunderte regierte die Drosten

Für die Verwaltung entsandten die Grafen von Hoya Drosten, die die Amtsgeschäfte in ihrem Namen und Sinne übernahmen. Drosten entstammten in der Regel adligen Kreisen und waren bei aller Eigenständigkeit ihrem Grundherrn auf unterschiedliche Weise vertraglich verpflichtet. Die Zeit der Drosten begann für Neubruchhausen wohl in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und reichte über die Zeit des Grafenhauses Hoya hinaus (1582 verstarb der letzte Graf von Hoya) bis in die Ära des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg und des Welfenhauses, also bis etwa 1640. Anschließend verwalteten Amtmänner mit ihren Amtsschreibern die ehemalige kleine Herrschaft an der Hache. Unter Hartwig von Badendorff, der von 1601 bis 1603 das renovierungsbedürftige Neubruchhausener Schloss und die Nebengebäude erneuern ließ, wurde 1608 auch eine neue Kirchenglocke gegossen. Sie tut bis heute ihren Dienst an der Dreifaltigkeitskirche.

Zwischen 1610 und 1612 wurde am Hacheübergang eine Fachwerkkapelle erbaut. Sie hatte eine prägende Funktion für das Ortsbild und wurde 1970 beim Ausbau der Landesstraße durch Neubruchhausen abgerissen.

Kapelle
Zwischen 1610 und 1612 gebaut: Die alte Kapelle am Hacheübergang. Sie musste später dem Ausbau der Landesstraße weichen. Das Haus, dessen Ecke links zu sehen ist, gibt es noch – hier ist heute die Gaststätte Zum Mühlenteich untergebracht.

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts gab es im Flecken ein Großfeuer. 30 der 50 Häuser brannten nieder und machten mehr als die Hälfte der Einwohner obdachlos. Nach dem Tod des letzten Drosten Hermann von Ompteda 1669 wirkten und lebten auf dem Gut – einem nun domänenartig geführtem Betrieb – Amtsschreiber und Amtmänner.

Hartes Leben in einem kleinen Amt

Das sehr kleine Amt Neubruchhausen war wirtschaftlich nicht sehr lohnenswert. Große Heide und Schlattflächen erlaubten lediglich Schafzucht und machten die landwirtschaftliche Nutzung sehr schwer. Im Jahr 1749 wurde das Schloss niedergelegt und die Holzteile nach Altbruchhausen zum Bau des zweiten Amtsschreiberhauses verbracht. Im Jahr 1758 dann wurde das Amt Neubruchhausen offiziell aufgegeben und die Verwaltung ging endgültig an das Amt Altbruchhausen über. Der Gutsbetrieb wurde noch bis 1777 weitergeführt.

Weil die königlich kurfürstliche Regierung in Hannover (Kurhannover) am Ende des 18. Jahrhunderts Geld benötigte, überließ man einen Großteil der herrschaftlichen Besitztümer und Gebiete 14 Neubauern und 34 geringeren Einwohnern gegen einen verbrieften Erbenzins. Siedler, die eine Hofstelle erwarben, waren von jeglicher Abgabe befreit. Sie mussten lediglich einen festgelegten Zinsbetrag entrichten. Daraus entstand somit 1777 der Ort Freidorf (von Abgaben befreit). Die Kapelle am Hacheübergang, die Oberförsterei und die Wassermühle blieben im herrschaftlichen Besitz.

Als Neubruchhausen französisch war

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts eroberte Napoleon Bonaparte halb Europa. Auch Kurhannover gehörte zu den französischen Gebieten. Neubruchhausen gehörte während der Franzosenzeit (sie begann hier kurz nach 1800) zunächst zum Aller-Departement und war Cantonssitz. Zum Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in Neubruchhausen nach Listen aus der Franzosenzeit (um 1810/12) etwa 80 Feuerstellen, in Freidorf 23. 1821, also kurz nach dem Ende der Franzosenzeit, werden für Neubruchhausen 84 Feuerstellen mit 486 Einwohnern angegeben, für Freidorf 20 Stellen mit 102 Einwohnern.

Nach dem Zusammenbruch des Napoleonischen Frankreich fielen die vielen Kleinstaaten in ihre alte Ordnung zurück, so auch das Königreich Hannover, welches eng verbunden war mit dem englischen Königshaus. Das 19. Jahrhundert verlief bis auf zwei weitere Großfeuer im Jahr 1858 (es brannten im Ortsteil Martfelder Ende viele Höfe komplett ab) ansonsten ereignisarm. 1852 wurde Neubruchhausen dem Amt Freudenberg zugeteilt, 1855 die herrschaftliche Wassermühle verkauft. Durch die Niederlage von Hannover im Krieg 1866 gegen Preußen wurden die Gebiete dem preußischen Staat einverleibt. Neubruchhausen lag jetzt in der Provinz Hannover und wurde 1884 dem Amt Syke zugeordnet.

Alter Mann auf Foto
Friedrich August Christian Erdmann ist der wohl bekannteste Neubruchhausener. Zu Recht – seine Arbeit als Förster war wegweisend.

Friedrich Erdmann – Neubruchhausens prominentester Bürger

1892 begann die Forstamtszeit von Friedrich August Christian Erdmann, der weit über die Grenzen Neubruchhausens bekannt wurde. Er war einer der Begründer der Mischwaldforsten, die auch heute noch als waldschonendste Bewirtschaftung gilt. Zu Beginn seiner Amtszeit waren die Wälder rund um Neubruchhausen in einem sehr schlechten Zustand. Monokulturen und schlechte Böden hatten zu kleinem Wuchs von Kiefern und Eichen geführt. Erdmanns Waldkonzept – Bodenschutz, standortgemäße Baumartenwahl und Mischwaldmehrung – führten schnell zu guten Ergebnissen und machten ihn in ganz Deutschland bekannt.

Im turbulenten 20. Jahrhundert wuchs Neubruchhausen langsam und hatte stets eine Bedeutung für die umliegenden Dörfer. So etablierten sich in Neubruchhausen neben der Landwirtschaft auch viele Handwerksberufe und der Handel. 1929 wurde Freidorf nach Neubruchhausen eingemeindet. 1932 entstand aus den Kreisen Syke und Hoya der Landkreis Grafschaft Hoya, in dem auch Neubruchhausen lag. Im 1. und 2. Weltkrieg blieb Neubruchhausen von Kampfhandlungen verschont, verlor aber viele Einwohner, die als Soldaten dienten. Eine Denkmalsanlage mit Denkmälern der Gefallen aus den Kriegen 1870, 1914-1918 und 1939-1945 im Wallgarten bei der Dreifaltigkeitskirche erinnert daran. Am 7. April 1945 nahmen britische Truppen Neubruchhausen kampflos ein.

Hauptstraße
Die Hauptraße 1953

Vom Kriegsende bis heute

Gingen die Veränderungen im dörflichen Gefüge früher nur sehr langsam vonstatten, so entwickelte sich der Ort in den Jahrzehnten seit dem Kriegsende immer schneller. Das Wirtschaftswunder, die steigende Mobilität (noch bei Kriegsende gab es in Neubruchhausen nur eine Handvoll Autos) und technologische Entwicklungen sorgten dafür, dass das Dorf langsam eine andere Struktur und ein anderes Gesicht bekam.

Durch Vertriebene und Flüchtlinge wuchs Neubruchhausen deutlich an; neue Häuser und Straßen wurden gebaut, ein Prozess, der auch in den folgenden Jahrzehnten (Baugebiete Lerchenfeld I und II 1977 und 1996, Schewe Kämpe 2001) anhielt. Heute hat das Dorf rund 1.200 Einwohner.

1961 wurde eine neue Schule am Steinkamp gebaut, 1984 gleich daneben die Turnhalle eingeweiht. Später folgten auch Kindergarten und Kita. Mit Sanierungen wurden Baudenkmäler wie das historische Scheunenviertel und die Alte Oberförsterei wiederhergerichtet, die heute Schmuckstücke des Ortes sind. Im Dorfzentrum wurde der Mühlenteich Anfang der 1980er-Jahre neu angelegt, von 2017 bis 2019 das alte Mühlenensemble komplett restauriert.

Gaststätte Luftaufnahme

Längst vergangen: Die Gaststätte Holldorb an der Haupstraße war unter anderem ein beliebstes Ausflugsziel für Menschen aus Bremen, die dafür extra nach Neubruchhausen kamen. Die ehemalige Gaststätte ist heute das Gästehaus Zur Post, der Garten verwildert.

Die automobile Gesellschaft brachte es mit sich, dass die einst für Fuhrwerke gebaute Hauptstraße für den zunehmenden Verkehr zu eng wurde. Dies und der in der Nachkriegsgeneration vorherrschende Drang, statt auf Restaurierung und Sanierung lieber auf Abriss und Neubau zu setzen, führte zum Verschwinden vieler schöner alte Häuser mit Geschichte. Der Ausbau der Hauptstraße am ehemaligen „Potsdamer Platz“ in der Ortsmitte und die grundlegende Erneuerung der Ortsdurchfahrt von 1997 bis 2000 veränderten das Ortsbild stark. Für viele ältere Dorfbewohner einschneidend war Anfang der 1970er-Jahre der Abriss der 1610-12 gebauten Kapelle am Hache-Übergang. Als Ersatz wurde 1972 die Dreifaltigkeitskirche auf dem Wallgartengelände eingeweiht, dort, wo früher die Wasserburg Neubruchhausen stand.

Blick ins „Martfelder Ende“ in den 1970er-Jahren. Man beachte den Straßenbelag. Die Dorfeinfahrt von der B6 her wurde später fast doppelt so breit, der Belag ist heute aber schon wieder in bedauerlichem Zustand.

Seit 1974 Stadtteil von Bassum

Politisch wurde der Flecken Neubruchhausen 1966 mit Hallstedt und Jardinghausen zu einer Samtgemeinde zusammengelegt. Diese bestand jedoch nur acht Jahre: Durch die Gemeindereform wurde das Dorf 1974 zu einem Stadtteil von Bassum. Auch die wirtschaftliche Struktur veränderte sich: Früher war Neubruchhausen durchaus ein wichtiger Ort für die Menschen aus der näheren Umgebung, um hier Handel zu treiben, einzukaufen oder die Dienste örtliche Handwerker in Anspruch zu nehmen. Doch in den vergangenen Jahrzehnten haben viele Läden oder Betriebe die Arbeit eingestellt. Aber nicht alle: Immer noch gibt es hier erfolgreiche Einzelhändler und Dienstleister sowie leistungsfähige Handwerksbetriebe und Landwirte, die mehr als 100 Arbeitsplätze bereitstellen. Das Angebot an Hotels, Pensionen und Gaststätten ist in Neubruchhausen sogar außergewöhnlich reichhaltig.

Holger Rullhusen, mit Material aus dem 1. und 2. Chronikband von Klaus Bergann

Ein pdf-Dokument mit einer etwas ausführlicheren Darstellung der Ortsgeschichte finden Sie hier: Die Geschichte Neubruchhausens

Informationen über Band 1 der Dorfchronik von Klaus Bergann finden Sie hier: „Neubruchhausen – Beiträge zur Geschichte des Fleckens“