Seit Jahren kämpft die Grundschule Neubruchhausen um ihren Erhalt. Jetzt wird sie gestärkt: Auch Kinder aus Bassum können hier künftig zur Schule gehen. Ein Interview mit Lehrerin Ulrike Templin und Elternvertreter Joachim Hinrichs zur Situation.
Immer wieder taucht eine drohende Schließung der Grundschule Neubruchhausen am Horizont auf. Jetzt gibt es Hoffnung auf Besserung. Was ist passiert?
Ulrike Templin: Wir leiden seit Jahren darunter, dass wir in der Summe wenig Schülerinnen und Schüler haben. Aber der Stadt Bassum ist es sehr wichtig, unsere Dorfschule zu erhalten. Deswegen hat die Verwaltung eine Lösung erarbeitet, der der Stadtrat Ende September 2020 einstimmig gefolgt ist: Jetzt können auch Kinder des Bassumer Schulstandortes Mittelstraße, dessen Außenstelle wir sind, in Neubruchhausen zur Schule gehen. Zusätzlich ist auch beschlossen worden, dass der Hort auf unserem Gelände künftig gebührenfrei ist. Das heißt, dass jetzt allen Bassumer Familien an allen Schulstandorten ein kostenloses Angebot für den ganzen Tag zur Verfügung steht – auch in Neubruchhausen!
Joachim Hinrichs: Für den Erhalt der Grundschule Neubruchhausen ist diese Entscheidung ungemein wichtig. Denn wir haben hier ein Angebot, das eigentlich alle Bildungsfachleute vor Freude zum Weinen bringen müsste. Da ist zum einen eine hervorragende Grundschule mit kleinen Klassen und kurzen Wegen, eingebettet in eine wundervolle Umgebung, mit einer sehr guten Ausstattung und vielem mehr. Zum anderen gibt es hier eine gut ausgelastete Krippe, zwei integrative Kindergartengruppen und den Hort. Alles dicht beieinander – ohne Verkehr, Lärm, Enge und Hektik. Ein Traum.
Die Stadt Bassum ist einmütig für den Erhalt des Schulstandortes, und nun können auch Kinder aus Bassum in Neubruchhausen lernen. Dann ist doch alles geritzt?
Ulrike Templin: Leider nein. Wir sind organisatorisch eine Außenstelle der Bassumer Grundschule Mittelstraße, und grundsätzlich werden Außenstellen von der Landesschulbehörde erst mal nicht so gerne gesehen. Dort verfolgt man eher die Strategie der Konzentration. Die Stadt Bassum muss immer wieder Ausnahmegenehmigungen stellen, um die Grundschule Neubruchhausen als Außenstelle weiter betreiben zu können. Zuletzt wurde diese Genehmigung im Frühjahr 2018 für drei Jahre – bis Ende Juli 2021 – erteilt. Deshalb muss bis Mitte März 2021 ein erneuter, gut begründeter Antrag gestellt werden.
„Hier gibt es kleine Klassen, in denen man hervorragend lernen kann.“
Joachim Hinrichs
Joachim Hinrichs: Eine Dorfschule wie die in Neubruchhausen dicht zu machen und die Kinder mit Bussen nach Bassum in die Mittelstraße zu karren, wäre meines Erachtens allerdings Wahnsinn. Die Stadt hat sich ganz klar Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben, und auch deswegen ist sie sehr daran interessiert, den Standort zu erhalten. Die Schule ist ja auch in einem ausgezeichneten Zustand und sehr gut ausgestattet, denn die Stadt hat immer wieder in diesen Standort investiert. „Kurze Wege für kleine Füße“ und „wohnortnahes Lernen“, das sind die wichtigen Stichworte. Zudem gibt es hier kleine Klassen, in denen man hervorragend Wissen aufnehmen kann. Die Grundschule Mittelstraße würde in den kommenden Jahren aus allen Nähten platzen, wenn die Neubruchhausener Kinder noch dazukämen.
Die Landesschulbehörde interessieren aber sicher nicht nur die Vorzüge des Standortes, sondern auch die nackten Zahlen?
Joachim Hinrichs: Das ist richtig, und gerade für das kommende Schuljahr könnten die Anmeldungen besser sein. Deswegen hat die Stadt die Schulbezirke so geöffnet, dass auch Bassumer Kinder hierherkommen können – und vielleicht sogar noch die weiterer Schulen, die zu viele Kinder haben und überfüllt sind. Es lohnt sich jedenfalls, hier zur Schule zu gehen. Denn was hier passiert, ist einfach toll.
„Für mich ist das der perfekte Schulstandort.“
Ulrike Templin
Ulrike Templin: Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich von einer Schule in Syke hierher gewechselt bin. Ich war echt baff: Hier gibt es ein kindergerechtes Schulgebäude, eine schöne Pausenhalle, großzügige Klassenräume, alles hell und freundlich, laufend renoviert, mit Lärmschutzdecken und wachsender digitaler Ausrüstung, dazu kleine Lerngruppen – das ist ein Standort mit so vielen Vorteilen, dass ich immer noch jeden Tag aufs Neue begeistert bin. Wir haben einen sehr gepflegten Schulgarten, in dem die Kinder mitmachen und naschen können – woanders werden Schulgärten zerstört! Die Schulbücherei ist ein ganzer Raum voller Bücher, liebevoll gehegt und gepflegt, wir haben Musikinstrumente, einen riesigen Schulhof, unglaublich viele Gestaltungsmöglichkeiten – für mich ist das der perfekte Schulstandort. Ich kenne andere Standorte, wo Lärm, Enge und Hektik den Schulalltag bestimmen. Hier in Neubruchhausen ist das für Kinder noch ein Stück heile Welt und Sicherheit.
Seit einiger Zeit sprecht ihr stolz vom Neubruchhausener „Bildung-Campus“. Was bedeutet dieser Begriff?
Joachim Hinrichs: Auf einem großen und schönen Gelände ohne Zäune gibt es alle Einrichtungen, die ein Kind von ein bis zehn Jahren braucht, um groß zu werden und dabei erfolgreich zu lernen. Kinder können hier einen ganz entscheidenden Teil ihres Heranwachsens zusammen verbringen, ohne plötzlich voneinander getrennt zu werden, ohne sich durch Wechsel neue Freundinnen und Freunde suchen zu müssen und sich an immer wieder neue Bezugspersonen gewöhnen zu müssen. Das und ein bekanntes, vertrauensvolles Umfeld bedeutet auch, dass man hier in Neubruchhausen besser und konzentrierter lernen kann und gleichzeitig viel Spaß und Spiel garantiert ist. Weil die verschiedenen Einrichtungen hier alle an einem Platz sind und intensiv miteinander zusammenarbeiten, sprechen wir vom Bildungs-Campus.
Was wollt ihr jetzt tun, um Bassumer Eltern von Neubruchhausen zu überzeugen?
Ulrike Templin: Wir rühren kräftig die Werbetrommel! Gerade ist ein Flyer fertiggeworden, den Mitglieder des Fördervereins zum Beispiel an Eltern vor Kindergärten verteilen wollen. Unsere Schule eignet sich ja auch gut für Gruppen von Kindern, die nach dem Wechsel in die Schule zusammenbleiben möchten. Oder für Geschwister: Die Zusammenarbeit hier auf dem Bildungs-Campus ist so eng, dass der Kontakt zwischen Geschwistern in der Krippe oder dem Kindergarten mit älteren Brüdern oder Schwestern in der Schule nicht abreißt. Und bisherige Bezugspersonen sind weiter in der Nähe, auch wenn man plötzlich in der 1. Klasse ist. Was uns aber auch helfen würde, wäre ein Neubaugebiet in Neubruchhausen. Das muss jetzt endlich mal realisiert werden!
Interview und Fotos: Kai Uwe Bohn
Den neuen Fyler der Grundschule Neubruchhausen kann man hier herunterladen.